Arbeitsrechtliche Folgen des Corona-Virus

Kurzarbeit, Lohnfortzahlung, Quarantäne

Vorbemerkung

Deutschland steht inmitten einer historischen Bewährungsprobe. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind überall zu spüren. Geschäfte, Ämter, Schulen und Kindergärten sind geschlossen.

Das Corona-Virus macht auch vor Unternehmen nicht halt! Ob Kurzarbeit, Lohnfortzahlung oder betriebliche Maßnahmen im Quarantäne-Fall, das Corona-Virus stellt deutsche Firmen vor neue Herausforderungen.

Die Ausbreitung des Corona-Virus erfordert, sich mit den Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zu beschäftigen. Für den Arbeitnehmer ist von ausschlaggebender Bedeutung, ob seine Vergütungsansprüche bestehen bleiben. Für Arbeitgeber ist relevant, ob Entschädigungsansprüche gegenüber den Gesundheitsämtern bestehen, falls der eigene Betrieb geschlossen oder Arbeitnehmer unter Quarantäne gestellt werden.

Schließlich muss mit einem Ansturm auf die Kurzarbeit gerechnet werden. Voraussichtlich könnten geschätzt bis zu 2,5 Mio. Arbeitnehmer durch die Corona-Pandemie von Kurzarbeit betroffen werden. Angesichts dieser Virus-Erkrankungswelle treten unterschiedliche arbeitsrechtliche Fragen auf. Die nachfolgenden Fragen und Antworten mögen Ihnen sowohl als Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber eine grobe Orientierung geben.

I. Darf der Arbeitnehmer zu Hause bleiben, um eine Ansteckung zu vermeiden?

Aufgrund einer lediglich potentiellen Ansteckungsgefahr steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich kein Leistungsverweigerungsrecht zu. Ein nicht erkrankter Arbeitnehmer hat kein Zurückbehaltungsrecht bezüglich seiner Arbeitskraft. Der Arbeit fernbleiben darf der Arbeitnehmer nur, wenn er selbst tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt ist. Die bloße Angst vor einer Ansteckung auf dem Weg zum Betrieb oder im Unternehmen selbst ist jedenfalls nicht ausreichend. Es gilt der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“.

II. Wann haben Arbeitnehmer einen Entgeltfortzahlungsanspruch?

Ist der Arbeitnehmer selbst infolge eigener Viruserkrankung arbeitsunfähig, bestehen Ansprüche auf Lohnfortzahlung gem. § 3 EntgeltfortzahlungsG. Der Arbeitgeber muss danach grundsätzlich für die Dauer bis zu sechs Wochen Entgeltfortzahlung leisten. Dauert die Erkrankung länger als sechs Wochen, schließt sich für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer ein Anspruch auf Zahlung von Krankengeld nach § 44 SGB V an. Wegen derselben Krankheit ist der Anspruch auf Krankengeld jedoch auf längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren gem. § 48 Abs. 1 SGB V begrenzt. Sollte während der Arbeitsunfähigkeit noch eine weitere Krankheit zusätzlich hinzukommen, wird die maximale Leistungsdauer von 78 Wochen jedoch nicht verlängert.

III. Besteht bei vorübergehender Betriebsschließung ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung?

Der Arbeitgeber bleibt grundsätzlich weiter zur Entgeltzahlung verpflichtet, wenn die Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit sind, aber der Arbeitgeber die Arbeitnehmer aus Gründen nicht beschäftigen kann, die in seiner betrieblichen Sphäre liegen. Dies ergibt sich aus der sog. Betriebsrisikolehre.

IV. Wer zahlt den Lohn, wenn Arbeitnehmer unter Quarantäne gestellt werden?

Wer aufgrund infektionsschutzrechtlicher Gründe einem behördlichen Tätigkeitsverbot oder einer Quarantäne nach § 30 Infektionsschutzgesetz (IfSG) unterliegt und dadurch einen Verdienstausfall erleidet ohne krank zu sein, kann auf Antrag eine Entschädigung nach §§ 56 ff. IfSG erhalten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Quarantäne vom zuständigen Gesundheitsamt angeordnet wurde.

Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach dem Verdienstausfall, also nach dem Arbeitsentgelt. Die Entschädigung wird für max. sechs Wochen gewährt. Nach § 56 Abs. V S. 1 IfSG sind hierfür die Arbeitgeber vorleistungspflichtig. Arbeitgeber haben für maximal sechs Wochen die Entschädigung für die zuständige Behörde an den Arbeitnehmer auszubezahlen. Der Arbeitgeber wiederum erhält die an den Arbeitnehmer gezahlten Entschädigungen auf Antrag nach § 56 Abs. 5 S. 2 IfSG von der zuständigen Behörde erstattet. Der Erstattungsantrag muss gem. § 56 Abs. 11 IfSG innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit gestellt werden.

Die zuständigen Gesundheitsämter können allerdings in konkreten Fällen prüfen, ob ein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 BGB besteht oder ob eine Entschädigung nach § 56 IfSG zu leisten ist.

V. Dürfen Arbeitgeber aktuell noch Dienstreisen anordnen?

Grundsätzlich erstreckt sich die Arbeitspflicht auch auf Dienstreisen. Infolge der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist dieser zum Schutz der Gesundheit seiner Mitarbeiter verpflichtet. So darf eine Dienstreise an einem zum Quarantänegebiet erklärten Ort oder in eine Gegend, zu der eine offizielle Reisewarnung wegen Infektionsgefahr besteht, im Wege des Direktionsrechtes nach § 106 GewO nicht angeordnet werden.

In solchen Fällen können Arbeitnehmer die Dienstreise gemäß § 275 Abs. 3 BGB verweigern.

VI. Besteht ein Anspruch auf „Home-Office“?

Bisher haben Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch auf „Home-Office“. Ein Anspruch auf „Home-Office“ kann sich daher nur aus dem Arbeitsvertrag oder einer einvernehmlichen individuellen Lösung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergeben.

VII. Darf der Arbeitgeber Überstunden anordnen?

Arbeitnehmer sind grundsätzlich nur dann zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn sich dies aus dem Arbeitsvertrag, dem einschlägigen Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergibt. Allerdings kann für den Arbeitnehmer auch eine Nebenpflicht zur Leistung von Überstunden bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn durch die geforderten Überstunden ein sonst dem Arbeitgeber drohender Schaden, der auf andere Weise nicht abgewendet werden kann, vermieden wird.

VIII. Wer trägt das Wegerisiko?

Der Arbeitnehmer trägt das Risiko, dass er zu seinem Arbeitsort gelangt. Kann der Beschäftigte seinen Arbeitsplatz nicht erreichen, weil z. B. die öffentlichen Verkehrsmittel ruhen, und somit seine geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen, besteht grundsätzlich kein gesetzlicher Anspruch auf Zahlung der Vergütung.

IX. Was gilt, wenn der Arbeitgeber Kurzarbeit angemeldet hat?

Wenn der Arbeitgeber berechtigt Kurzarbeit angeordnet hat und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt, können betroffene Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhalten. Betriebe, die aufgrund der Auswirkungen der Corona-Krise Kurzarbeitergeld beantragen möchten, müssen die Kurzarbeit zuvor bei der zuständigen Agentur für Arbeit melden. Diese prüft dann, ob die Voraussetzungen für die Leistung nach §§ 95 ff. SGB III erfüllt sind.

Arbeitgeber können Kurzarbeitergeld nur für Arbeitnehmer beantragen, die auch versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung sind. Beschäftige in Kurzarbeit erhalten grundsätzlich 60 Prozent des pauschalierten Netto-Entgelts. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt, beträgt das Kurzarbeitergeld 67 Prozent des ausgefallenen pauschalierten Netto-Entgelts. Der Arbeitgeber muss mit der Bezahlung in Vorleistung treten. Das Kurzarbeitergeld ist eine Erstattungsleistung und wird rückwirkend an den Arbeitgeber gezahlt.

Wesentliche Informationen hierzu sind auch im Internet unter www.arbeitsagentur.de/content/1478878994646 veröffentlicht.

Die Nummer der Service-Hotline für Arbeitgeber lautet: 0800 / 4555520.

X. Welche Vorsorgemaßnahmen sind im Betrieb geboten?

Dem Arbeitgeber obliegt gegenüber seinen Mitarbeitern eine arbeitsvertragliche Schutz- und Fürsorgepflicht. Deshalb muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass Erkrankungsrisiken und Gesundheitsgefahren im Betrieb so gering wie möglich bleiben.

So sollte der Arbeitgeber z. B. seine Belegschaft für die Maßnahmen einer Infektionsvermeidung unterweisen und Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen. Auch sollten die Arbeitnehmer zum regelmäßigen Händewaschen angehalten werden, damit das Ansteckungsrisiko minimiert wird.

XI. Wo sind weitere Informationen zu finden?

Im Internet finden Sie tagesaktuelle Informationen z. B. unter

XII. Schlussbetrachtung

Die aktuelle Corona-Pandemie stellt eine absolute Ausnahmesituation dar. Der Staat muss Firmen helfen, um Arbeitslosigkeit zu verhindern. Gerade deswegen ist das Kurzarbeitergeld wichtig, um anhaltende Auftragsflauten zu überbrücken. Voraussichtlich sind weitere arbeitsmarktpolitische Hilfen nötig, um die Beschäftigung zu sichern.

Die Entwicklungen und Auswirkungen der Corona-Krise sind dynamisch. Obige Antworten geben den momentanen Kenntnisstand vom 24.03.2020 wieder.

Bleiben Sie Corona resistent und gesund!

Schwabach, den 24.03.2020

Rechtsanwalt Reinhardt Zerner
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Unsere spezialisierten Rechtsanwälte stehen Ihnen gerne tatkräftig zur Seite!

Hermann Sandreuther – Rechtsanwalt Schwabach

Hermann Sandreuther

  • Fachanwalt für Arbeitsrecht
  • Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Schwerpunkte

Arbeitsrecht, Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Verkehrsunfälle

Zur Person

Geboren 1958, verheiratet, 2 Kinder. Studium der Rechtswissenschaft in Erlangen. Rechtsanwalt seit 1989.

Mitgliedschaften

Arbeitsgemeinschaft Mietrecht u. Immobilien im Deutschen Anwaltsverein

Kontakt

Rechtsanwalt in Schwabach gesucht?
Wir freuen uns von Ihnen zu hören!

Adresse

Hausmann & Sandreuther Rechtsanwälte
Bahnhofstraße 31
91126 Schwabach

Kontaktdaten

Tel.: 09122 / 8375 - 0
Fax: 09122 / 8375 - 38
recht@hausmann-sandreuther.de

Anfahrt

Anfahrt in Google Maps anzeigen

Rechtliches

Datenschutz  ·  Impressum